Sonntag, 26. Oktober 2014

Muckeliges SEGA-Wochenende (1): Service Games - The Rise and Fall of SEGA von Sam Pettus

Wer sich mal für ein langes Wochenende (oder auch mehrere) ausführlich mit SEGA beschäftigen will, der sollte weiterlesen und auch die nächsten Blogeinträge zu dem Thema goutieren. Für wen das alles kalter Kaffee ist, der kann sich wieder verächtlich an sein Master System setzen. Bei mir ist auf jeden Fall das SEGA-Fieber ausgebrochen und dafür verantwortlich ist unter anderem ein Buch…

Ein dicker Wälzer über SEGA

Bekanntlich (oder auch nicht) bin ich ein Nintendo-Kind. Aufgewachsen bin ich nämlich mit den Konsolen Nintendos, angefangen mit dem Nintendo Entertainment System, das ich zu Weihnachen bekam und dabei um die 10 Jahre alt war. Auch wenn es albern klingt und etwas oberflächlich, ist es immer noch eine meiner schönsten Weihnachtserinnerungen, denn ich hatte damit nicht gerechnet. Vorstellen kann man sich das Ganze wie das bekannte Internet-Video, in dem ein kleines Arschlochkind ein N64 bekommt und vor hysterischer Freude beinahe in Ohnmacht fällt. Bei mir war das Ganze aber etwas unaufgeregter und weniger Arschloch (sag ich jetzt mal so). Aber die Freude und Überraschung war mindestens genau so groß.

Und weil es damals einfach undenkbar war, auch noch eine Konkurrenzkonsole zu  haben, ist SEGA mit Master System, Mega Drive, Game Gear, Saturn und auch Dreamcast gänzlich an mir vorbeigegangen. Das war also weniger eine bewusste Entscheidung, als vielmehr Zufall. Doch beobachtet habe ich die Konsolenkonkurrenz immer mal wieder. Videospiele-Magazine wurden nämlich ganz und gar durchgelesen und da konnte ich schauen, was es außerhalb meines Tellerrandes noch so gibt. Vor kurzem entdeckte ich ein vielversprechendes Buch, mit dem ich auch noch die letzten Wissenslücken um die historische Entwicklung von SEGA schließen konnte: „Service Games - The Rise and Fall of SEGA“ von Sam Pettus. Die meisten Infos darin basieren auf einer Website, die sich der Geschichte von SEGA verschrieben hat. Finanziert wurde das Buchprojekt mit Hilfe von Kickstarter (was wird heutzutage eigentlich nicht mit Kickstarter finanziert?) und herausgekommen ist ein ausführliches, dickes und erschöpfendes Werk, das sich dem Aufstieg und Fall der Firma SEGA verschrieben hat.

Diese und andere kuriose Anzeigen gibt es auch zu sehen!

Dabei hangelt sich das Buch von Konsolengeneration zu Konsolengeneration und beschreibt dabei Hintergründe für so manche fragwürdige Entscheidung, setzt sie in den Kontext des jeweiligen Marktes und lässt dabei oft Mitwirkende von damals zu Wort kommen. Man merkt dem Buch zu jeder Zeit an, dass es von einem SEGA-Enthusiasten geschrieben wurde, denn so manches Mal packte mich beim Lesen die Lust bei ebay nach einem Mega Drive und den passenden Spielen zu stöbern. Zur Hochzeit von SEGA hätte wohl Niemand für möglich gehalten, welch bewegte (und oftmals negative) Geschichte noch auf die Marke zukommen sollte. Was eigentlich klar sein sollte (aber es zu lesen ist dennoch hochinteressant): schon zum Zeitpunkt, als SEGA hart am Thron von Nintendo sägte und ganz dick im Geschäft war, wurden Fehler gemacht, die sich später bitter rächen sollten. Und genau das beschreibt das Buch sehr gut. 

Was man dem Buch vielleicht zu Last legen kann, ist dass es eine sehr amerikanische Sicht auf die Dinge hat. Ein wichtiger Bestandteil, der zur Dokumentation der Entwicklung genutzt wird, ist das Innenverhältnis zwischen SEGA of America und SEGA of Japan. Wer das Buch liest, der kann schnell den Eindruck gewinnen, dass vor allem der asiatische Teil Fehler gemacht hat und für die Schieflage des Unternehmens verantwortlich ist. Ich kann jetzt gar nicht beurteilen, ob das so stimmt, aber ich denke unternehmerisch genug, um zu wissen, dass die japanischen Verantwortlichen sicherlich auch keine Blinden waren und Entscheidungen aufgrund gewisser ökonomischer Zwänge getroffen haben. In dem Buch wird dies aber weniger beleuchtet, so dass deren Strategien oft etwas willkürlich erscheinen. 

Außerdem springt das Buch immer ein wenig in der Zeit hin und her und widerspricht sich dabei das eine oder andere Mal. Der Autor macht dies bewusst für die gewünschte Dramaturgie und indem er Erkenntnisse des Vorkapitels wieder relativiert. Ich denke, dass das schon ok so ist und aufgrund der Kapitel-Aufteilung anhand der unterschiedlichen Konsolen unvermeidlich ist, aber dennoch muss man damit klarkommen.

Ohne jetzt zu sehr inhaltlich auf das Buch einzugehen, ist es dennoch eine sehr lesenswerte Lektüre, die spannend ist für Leute, die gern hinter die Kulissen schauen und sich auch noch an die Zeiten erinnern, in denen SEGA eine ganz große Nummer war. Schließlich waren SEGA und Nintendo mal so dick im Konsolengeschäft, wie es jetzt Sony und Microsoft sind. Wer sich an den Brocken herantraut, den erwarten über 400 spannende Seiten, die mir jetzt keinerlei grundlegenden neuen Erkenntnisse gebracht haben, aber mich dennoch in ihren Bann gezogen haben. Und ich habe Lust auf SEGA bekommen und mir beim Lesen gedacht, dass es doch schade ist, dass die Dreamcast die letzte SEGA-Konsole war. Und das ist doch schon was. Schließlich bin ich ein Nintendo-Kind (und werde es immer bleiben). Also: Buch kaufen (gibt es auch als günstigere Kindle-Version), schon mal reinlesen und beim nächsten Mal gibt es wieder was zum Thema SEGA.

Dienstag, 14. Oktober 2014

Retrogedöns: Castlevania The Adventure (Gameboy)

Ich liebe Castlevania! Ich hatte damals den ersten Teil auf meinem NES und der unbarmherzige Schwierigkeitsgrad war mir nie so richtig bewusst, weil das Gruselsetting und das Gameplay so interessant waren. Im Nachhinein wurde mir zudem auch erst klar, was für eine liebevolle Hommage an die klassischen („Universal“-) Horrorfilme das doch war mit Endgegnern wie Frankensteins Monster oder Dracula höchstpersönlich. Damals war meine Filmleidenschaft auch für steinalte (oder sagen wir "klassische") Filme noch nicht so ausgeprägt wie jetzt. Aber egal, denn auch so reichte es für eine tiefe Faszination zu diesem Spiel.

Kann Spuren von Fledermäusen enthalten!

Den zweiten Teil „Simon’s Quest“ hatte ich auch, aber so richtig warm wurde ich damit nicht. Er wies zu viele Abweichungen von dem klassischen Gameplay des Vorgängers auf und außerdem war das Ganze verflucht kryptisch. Schön auf den Punkt gebracht wird dies in dem Video vom Angry Video Game Nerd. Und dann hat mich die Serie irgendwie verlassen. Ich weiß gar nicht mal wieso, ich weiß nur dass ich mich damals natürlich noch nicht so gezielt über Spiele informiert habe wie heute. So sind mir Castlevania 3 und auch Super Castlevania IV für das Super Nintendo durch die Lappen gegangen. Gerade um das letztgenannte Spiel tut es mir leid, denn es ist ganz großartig und wohl der absolute Höhepunkt von den klassischen, linearen Teilen der Serie. Ebenfalls verpasst habe ich Castlevania The Adventure, den ersten Teil des Franchises für den Gameboy.


Sieht doch eigentlich ganz gut aus. Bewegt sich ja auch nicht!

Um es vorweg zu nehmen: gut, dass ich das damals nicht gespielt habe. Denn das Spiel ist schlecht. Wie bitte? Das gibt es? Ein schlechtes Konami-Spiel aus der Hochzeit der Konami-Spiele? Und dann noch ein schlechtes Castlevania? Immerhin eine der wichtigsten und renommiertesten Marken von Konami? Ja, das gibt es. Obwohl mir bewusst war, dass dieser Teil das schwarze Schaf der Reihe war (also bevor die N64-Teile herauskamen), war meine Neugier dann doch größer. Jetzt kann man das Spiel für um die 4€ kaufen. Damals hätte es ein deutlich empfindlicheres Loch in meinen Geldbeutel (oder fairerweise: den meiner Eltern) gerissen. Aber für die 4€ musste ich dann doch mal reinschnuppern. Immerhin spielt mein Telefon „Vampire Killer“, wenn ich angerufen werde, ich bin wie eingangs beschrieben ein Fan der Marke (vor allem von den klassischen Teilen).


Der erste Endgegner

Was ist denn nun so schlecht an dem Spiel? Auf Standbildern sieht das Ganze doch eigentlich ganz gut aus. Nette Grafik für einen Gameboy-Titel, klassisches Gameplay, das an den ersten NES-Teil gemahnt. Doch wenn man das Spiel dann mal in Bewegung sieht, wird klar, was der größte Haken ist: es steuert sich unfassbar zäh. Christopher Belmont (ein Vorfahre von Simon Belmont aus dem NES-Original) bewegt sich so agil wie eine Schildkröte auf der Autobahn. Dazu kommt ein unnachgiebiger Schwierigkeitsgrad und ein Level-Design, das auf Millimeter genau abgestimmte Sprünge ausgelegt ist. Spaß geht anders. So zuckelt man so vor sich hin und hat gar keinen Spaß an den klassichen Castlevania-Zutaten: gruseliges Setting, klassische Gegner wie Fledermäuse, Augäpfel oder Ritter und die erweiterbare Peitsche. Dass die Sekundärwaffen nicht implementiert wurden ist geschenkt. Einzig und allein die zähe Steuerung macht das Spiel zunichte.

Der 2. Level. Meine Fotohand war schon ganz zittrig!

Da kann die Musik noch so gut sein, die Atmosphäre noch so stimmig und die grafischen Assets noch so ansehnlich. Wie konnte das passieren? Vermutlich liegt es daran, dass es sehr früh im Lebenszyklus des Gameboys erschien (1989) und die Hardware noch nicht richtig ausreizen konnte. Die Fortsetzung von 1991 spielt sich auf jeden Fall deutlich flüssiger und ist leider auch deutlich schwieriger zu finden und dementsprechend teurer. Unterm Strich ist dieses Spiel nur etwas für Masochisten oder Komplettisten. Was davon ich bin? Irgendwie keines von beiden, denn mir war bewusst, auf was ich mich da einlasse und der „Spaß“ war mir die 4€ wert. Wen das nicht abschreckt: man muss nicht lange bei ebay suchen, um das Modul für einen ähnlichen Kurs zu finden. Den Unerschrockenen wünsche ich eine hohe Frusttoleranz!